Freitag, 9. Mai 2008

WEB 2.0: Zwischen Spaßfaktor und Datenklau

Web 2.0 macht Spaß. Web 2.0 ist gefährlich. Man setzt sich einfach ins virtuelle Wohnzimmer und wartet ab, wer denn so reinkommt. Oder man geht in die virtuelle Kneipe und hört, was so gesprochen wird. Vielleicht ist der eine oder andere ja sympathisch. Vielleicht aber auch ein Lump. Und wenn es nicht klappt, dann wartet man halt wieder und schaut, wer sich nebenan auf dem Sofa räkelt.

Web 2.0 ist gefährlich. Überall wird mein Profil hinterlegt, alle meine Recherchen sind öffentlich. Jede Bewegung im Netzt hinterlässt einen virtuellen Schatten. Und das weckt Begehrlichkeiten. Staat, Wirtschaft, kriminelle Elemente: Sie sind alle unterwegs, um meine Daten, mein Profil für ihre eigene Zwecke zu nutzen. Zum Thema "Privatsphäre im Web 2.0" gibt es allein bei Google 135.000 Einträge. Ein interessanter Beitrag dazu findet sich unter Tagesschau.de Die dunkle Seite des Web 2.0  Hier wird über die Gefahren berichtet, die im täglichen Netzalltag passieren.

Interessant ist auch eine Studie von Leonard Reinecke zu diesem Thema von der Hamburg Media School. Er bestätigt in seinem Aufsatz: "Reinecke, L., & Trepte, S. (in press). Privatsphäre 2.0: Konzepte von Privatheit, Intimsphäre und Werten im Umgang mit user-generated-content. In Zerfass, A. Welker, M., & Schmidt, J. (Hrsg.) Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Band 1: Grundlagen und Methoden: Von der Gesellschaft zum Individuum. Köln: Herbert von Halem Verlag", dass viele Nutzer des Web 2.0 ganz bewusst nicht die Anonymität wählten, jedoch auch in der Realität Menschen seien, die sehr offen im Umgang mit neuen Kontakten sind. Aktive Nutzung ist demnach immer wieder ein Spagat zwischen Selbstoffenbarung und dem Schutz des eigenen persönlichen Bereichs. Dies tun diese Menschen aber mit großem Vergnügen.

Eine andere Plattform in der Vielzahl der Communities sind die Die Lokalisten. In diesem Netzwerk geht es darum zu zeigen, wie klein die Welt ist, wer wen aus Schule, Uni oder sonstwo kennt. Peter Wehner hat diese Community mit der Frage begründet, wo man denn in der anonymen Großstadt München einen Raum finden könne, um sich außerhalb der eigenen vier Wände oder verrauchter Kneipen treffen zu  können. Aus der Suche nach einem "Jugendzentrum für Ältere" für Freunde und deren Freunde, die wiederum eigene Freunde mitbringen könnten, sei dann die Idee einer virtuellen Plattform entstanden, über die man sich verabreden könne. Inzwischen gibt es 1,7 Millionen Freunde, die sich in über hundert "Homebases" treffen. (Herr Ambros möge mir verzeihen, aber manchmal fällt mir kein treffendes deutsches Wort ein).

Noch einmal zur virtuellen Zweitexistenz: Das höchste Gericht schuf mit mittlerweile 3 Urteilen ein neues Grundrecht, das es "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" nennt. Damit wird der PC zum "unantastbaren" Bereich erklärt, auf dem nur in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen Zugriff erlaubt ist.

Allerdings: sind die Daten erst einmal da, dann sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, an diese heranzukommen. Nicht nur der Staat entwickelt Begehrlichkeiten nach unseren Daten, insbesondere die Wirtschaft entwickelt Einkaufsprofile, um uns mit einer Datenflut zum Kaufen zu überreden. Inzwischen hat der Einzelne kaum noch die Macht, sich gegen Missbrauch seiner Daten zu wehren, weil er gar nicht mehr weiss, wo diese Daten überall landen.

Was bleibt: Die Erkenntnis, dass all diese schönen Technologien Spaß machen. Aber wir müssen uns bewusst sein, welche Spuren wir hinterlassen, wie leicht man uns ausspähen und Rückschlüsse auf uns und unsere Art zu leben ziehen kann.